Pest, Pocken und Corona - eine Impfung hilft!

Veröffentlichungsdatum22.12.2021Lesedauer3 Minuten
Karikatur zu Impfgegnern, die befürchteten, durch die Pockenimpfung zu Kühen zu werden (1802)

Karikatur zu Impfgegnern, die befürchteten, durch die Pockenimpfung zu Kühen zu werden (1802)

Wie hat Mittersill die vielen Epidemien in seiner Geschichte überstanden? Ein Bericht unseres Stadtarchivars gibt dazu einen interessanten historischen Einblick:

Nachdem am 29. Februar 2020 der erste Corona-Fall im Land Salzburg – in der Gemeinde Fusch – publik wurde und bald in allen Orten Infizierte waren, dachte der Archivar sofort an die Pest des Jahres 1635 und daran, wie Mittersill damit umgegangen ist. Das Wort „Quarantäne“ mag heute für uns ein geläufiger Begriff sein, eine befristete Isolierung von Menschen geht aber auf die Antike und besonders auf das Mittelalter zurück. Nach den großen Pestjahren um 1348, als ganze Landstriche in Europa entvölkert wurden, schützte sich die Stadt Ragusa z.B. durch eine Eintrittssperre. Reisende und Kaufleute mussten sich vor dem Eintritt in die Stadt 30 Tage, später sogar 40 Tage (d.h. quaranta) isoliert in eigenen Lazaretten aufhalten, also in Quarantäne! Mittlerweile sind wir in unserer Zeit im 4. Lockdown angelangt.

In den weiteren Jahrhunderten waren wiederum häufig Pestjahre zu verzeichnen. Fast jede Generation war von einer schweren Epidemie betroffen. Ganz arg erwischte es den Oberpinzgau im Jahr 1635. In Neukirchen soll durch eingeschleppte Waren und „ein erkauftes Bettgewand“, die Pest ausgebrochen sein. Von Krimml bis Bramberg starben damals rund 600 Personen, von Mittersill bis Piesendorf soll eine ähnlich große Zahl durch die Pest den Tod erlitten haben. Eigenartiger Weise war es in Hollersbach und Mittersill nicht so arg. Warum?

Eine genaue Schilderung ist uns von Martin Harlander als Zeitzeuge durch seine Chronik bekannt: „… in Hollersbach und am Mittersiller Sonnberg ist niemand gestorben, aber im Markt, zu Felben und Clausen ist es ziemlich grob gewest, sind in der Mittersiller Kreuztracht bei 200 Personen gestorben. Da haben sie die Rettenbacher Pruggen abgezogen, zu Mühlleiten, bei der Mittersiller Pruggen und an anderen Orten starke Wachen aufgestellt, dass niemand durchkonnte. Vom 4. Juli bis Weihnachten(!) konnte niemand, auch die Schlossbeamten nicht, in den Markt gehen. Quarantäne oder „Lockdown“ für 5 Monate! „… es war erbärmlich, dass die Mutter nicht zur Tochter, der Sohn nicht zum Vater durfte, heißt es weiter. Harlander beschreibt also die totale Quarantäne. Diese hatte zumindest für ein kleines Gebiet Schutz geboten. Damals gab es außer dem starken Gottvertrauen nur wenige „Hilfsmittel“, keine Testungen, keine Impfungen, nur „Abstand halten!“ und „Maske tragen!“.

In Mittersill und im Oberpinzgau sollte es weitere 250 Jahre dauern, bis der erste studierte Arzt als „Distriktphysikus“ seine Dienste anbieten konnte. Da die Menschen lieber zum Pfuscher gingen, wollte er nicht lange bleiben: Ich bin der überflüssigste Mann hier. Die Gegend ist mit Sümpfen, Morästen und verpesteter Luft bedeckt.“ Vor allem im 19. Jahrhundert mussten er und seine späteren Kollegen gegen die Epidemien wie Diphtherie, Typhus und Pocken ankämpfen. Besonders arg wütete auch die Spanische Grippe vor 100 Jahren. Allein in einer Oktober-Woche 1918 wurden 13 Todesfälle vermerkt, vom Schulmädchen bis zur bekannten Bräurupin.

Wirklichen Schutz gegen Pocken bot die Impfung, um 1800 eingeführt und bald zur Pflichtimpfung für alle geworden. Die Pocken waren nach etwa 150 Jahren ausgerottet. Skepsis gegen eine Impfpflicht war auch damals vorhanden. Heute haben wir dank der Wissenschaft eine wirksame Impfung gegen die COVID19-Pandemie und hoffen auf ein baldiges Ende derselben. Ungeimpfte füllen zu einem hohen Anteil die Intensivstationen. Mittersill musste inzwischen 16 Todesfälle durch Corona verzeichnen. Die Zahl der Infizierten in Mittersill beläuft sich (Anm.: bei Redaktionsschluss Anfang Dezember) nach Angaben der Landesstatistik auf 795, aktiv infiziert sind 56. Bei den Geimpften liegt Mittersill unter dem Landesdurchschnitt bei rund 65 % der Gesamtbevölkerung, auf die Bewohner über 12 Jahren gerechnet bei 70 %.

Der Verfasser respektiert selbstverständlich die Grund- und Freiheitsrechte des Einzelnen und kann gewisse Skepsis verstehen. Fest steht jedoch, dass die Impfung tatsächlich gegen COVID19 helfen oder zu einem leichteren Verlauf führen kann.

Text: OSR Hannes Wartbichler (Stadtarchiv Mittersill)

Hinweis: Der Bericht ist ursprünglich in der "Mittersiller Gemeindeinformation" (Ausgabe Dezember 2021) erschienen